Franziska Ostermann
Biography
* 1992 in Kiel, Franziska Ostermann lebt und arbeitet in Kiel
2012-2016
Muthesius Kunsthochschule Kiel (B.A.)
2016
Muthesius Kunsthochschule Kiel (M.A.)
Ausstellungensbeteiligungen
2016
freitagssalon, mit Kramer Fine Art, Hamburg
2015
Foto-Reflexionen 05 in Schleswig-Holstein
Einblick/Ausblick MKH Kiel
2014
Einblick/ Ausblick MKH Kiel
2013
Interkulturelle Woche Kiel
2012
Photokina Köln
Kunstmeile Kiel
2011
Deutsches historisches Museum Berlin
Fotofestival Horizonte Zingst
Anerkennungen für Franziska Ostermann
2015
Birgitt-Bolsmann-Preis
2012
Ohne ihn
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Zoom Human Rights
Deutsches Institut für Menschenrechte
Menschenrecht Wasser
Website der Künstlerin mit weiteren Informationen zu ihrer Arbeit, insbesondere zu ihrem umfangreichen Werk FIRN.
Die 2015 mit dem Birgitt-Bolsmann-Preis ausgezeichnete Fotokünstlerin Franziska Ostermann thematisiert in ihrer Arbeit „FIRN“ in Form und Inhalt die paradoxe Koexistenz von Vergänglichkeit und ewiger Wiederkehr.
Exhibitions
freitagssalon im Mai 2016, Hamburg
Die 2015 mit dem Birgitt-Bolsmann-Preis ausgezeichnete Fotokünstlerin Franziska Ostermann thematisiert in ihrer Arbeit "FIRN" in Form und Inhalt die paradoxe Koexistenz von Vergänglichkeit und ewiger Wiederkehr.FIRN II
Die Frage nach dem Urspung reiht sich bereits im ersten Satz dieses Textes in meinen Erkundungskatalog.
Woher komme ich? Welche Zwischenschritte führten mich vom Ebenbild zum Ich?
In die Abfolge meiner Ahnen reihe ich mich. Der Lauf der Zeit bestimmt, ob ich ihnen begegne. Bestimmen sie einige Partikel meines Ichs schon vor meiner Geburt? Ich begegnen Ihnen in den Alben, die in alten Regalen für vergangene Zeiten stehen. Fotografien zeigen ihre Oberflächen, Hüllen, verblichene Partikelgefüge. Meine Großmutter erzählt mir ein, zwei Sätze über meinen Urgroßvater. Zeit meines Lebens sind es diese Sätze, die mir eine Figur mit dem Namen „Urgroßvater“ erschaffen.
Diese Sprache funktioniert ebenso fragmentarisch wie die Fotografie. Mein Urgroßvater ist ein Faksimile, das sich nur in bereits entschiedenen Bildern bewegen kann. Ich verfremde die Bilder in den Alben meiner Großmutter nach dem Prinzip ihrer Erzählung, um so Zugang zu ihnen zu finden. Ich montiere, formiere, lichte,verdichte, zerstöre und erneuere die Partikel des Bildes, der Antlitze, der zerberstenden Ich-Splitter meines Urgroßvaters, der spärlich transportierten Partikelfragmente meiner Ahnen, betrachte sie, als könnte ich mit ihrer Hilfe wie mit einer DNA-Probe eine Gesamtheit herleiten.
Stattdessen komponiere ich einen omniinterpretablen Partikelwirbel, der schon im Moment seiner Zusammensetzung kurz vor dem Verfall steht. Die Tiefen der Partikelgefüge meiner Ahnen erscheinen flach und voller Löcher, hebt man sie aus dem Bild hinaus. Ihre durch mich vergrößerten Antlitze verdeckten Löcher aus denen sie kamen und die sie waren. Das Offenbaren der Materialität des Bildes durch das Aufbrechen seiner Oberfläche erschüttert den Glauben des Betrachters an den Illusionismus der Fotografie und offenbart das komplettierende Herleiten eines Konkreten, Fangbaren als unmöglich. Statt der schillernden Vollkommenheit stillstehender Partikel eines eingefangenen, längst vergangenen Ichs drängt die Stofflichkeit in den Vordergrund des Bildes und enttarnt die Illusion einer vervollkommten Realitätsabbildung.
Erst durch erneutes Betrachten entsteht in den Trümmern des Partikelregens das eigentliche Bild. Es ist ein Gedankenkonstrukt, beweglich, fragmentarisch und flüchtig, das ich hier für einen Moment halten möchte. Meine Figur mache ich zum Symbol, das die Bilder beieinander hält, sprengt und verbindet. Fragmente meiner Familie fallen in und durch meine Hände, Ohren und Augen, während ich versuche, sie aufzufangen und mich selbst in ihnen zu finden. Das Betrachten einer Fotografie lädt einen vergangenen Moment, Kombinationen von abertausenden Splittern, in die Gegenwart ein. Dieser Besuch wird sogleich Teil der ihn betrachtenden Jetztzeit. Er ist Vergangenheit und Gegenwart. Die Erinnerung, die über die Fotografie wach gerufen wird, ist durch ihre Präsenz Teil des Jetzt. Die Partikel wirbeln auf. In meinen Fotografien verflechte ich die Partikel in Zeit und Raum zu einem neuen Gefüge.
Text: Franziska Ostermann